Arnold Gehlen

Kalter Blick in die „Wär­me­stu­ben des Liberalismus“

von Ulrike Baureithel

Seit rund einem Jahr­zehnt tauchen die Begriff­lich­kei­ten Arnold Gehlens in den Ver­satz­käs­ten neu­rech­ter Theorie auf. Der 1904 gebo­rene und 1976 ver­stor­bene Phi­lo­soph und Sozio­loge, der seine Kar­riere dem Auf­stieg der Natio­nal­so­zia­lis­ten ver­dankte, war Mit­glied der NSDAP und in einigen NS-Mas­sen­or­ga­ni­sa­tio­nen tätig, wurde im Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren aller­dings nur als „Mit­läu­fer“ ein­ge­stuft. Mit seinem Werk Der Mensch. Seine Natur und seine Stel­lung in der Welt (1940) legte er eine kon­ser­va­tiv grun­dierte und auto­ri­tär flan­kierte phi­lo­so­phi­sche Anthro­po­lo­gie vor, die, von kom­pro­mit­tie­ren­den Teilen berei­nigt, auch nach dem Krieg ins­be­son­dere an die Sys­tem­theo­rie anschluss­fä­hig war. (1) In den sech­zi­ger Jahren pro­fi­lierte sich Gehlen als kon­ser­va­ti­ver Wider­sa­cher der Kri­ti­schen Theorie vor allem Adornos und libe­ra­ler Gesell­schafts­theo­rien, wenn­gleich er von einigen mar­xis­ti­schen Theo­re­ti­kern durch­aus geschätzt und ernst­ge­nom­men wurde.
Den Men­schen bestimmt Gehlen als Män­gel­we­sen, orga­nisch defi­zi­tär und instinkt­arm, aber welt­of­fen. Seine spe­zi­fi­sche Aus­stat­tung und Form­bar­keit erlaubt es ihm jedoch, sich zu sich selbst zu ver­hal­ten und sich refle­xiv han­delnd in die Welt ein­zu­brin­gen. Er ist, um zu über­le­ben, also zur pla­nen­den Hand­lunggezwun­gen, weshalb er seinen ange­bo­re­nen Antriebs­über­schuss bän­di­gen und kon­trol­lie­ren muss. Hier kommen die Insti­tu­tio­nen ins Spiel, derer der Mensch bedarf. Zuvör­derst die Sprache, aber auch Gewohn­hei­ten, Kulte und Rituale, die Technik, die die mensch­li­chen Organ­män­gel kom­pen­sie­ren, Reli­gion, Familie und nicht zuletzt der Staat entlas­tenihn von einem ständig auf ihm lie­gen­den Ent­schei­dungs­druck. Für Gehlen sind stabile Insti­tu­tio­nen und die ihnen je eigene Ethik deshalb die wich­tigs­ten Ord­nungs­fak­to­ren, damit das „Kul­tur­we­sen“ Mensch in der Welt bestehen kann. In seinem 1956 ver­fass­ten Werk Urmensch und Spät­kul­turfor­mu­liert er seine Insti­tu­tio­nen­lehre aus, in der Kampf­schrift Moral und Hyper­mo­ral (1969) rechnet er mit den insti­tu­tio­nen­zer­stö­re­ri­schen Trends des Huma­ni­ta­ris­mus und der Moral­hy­per­tro­phie ab.
Mit der Bestim­mung des Men­schen als Zucht­we­sen, als unbe­stimm­tes und deshalb in Führung zu neh­men­des Wesen, dessen Leis­tungs­auf­bau auf die Tat aus­ge­rich­tet ist, ope­riert Gehlen mit einer Seman­tik, die ihn heute auch für rechte Dis­kurse instru­men­ta­li­sier­bar machen. Der Zucht- und Füh­rungs­dis­kurs und der ord­nungs­po­li­ti­sche Insti­tu­tio­nen­be­griff in Gehlens Werk sind so domi­nie­rend, dass sie „softere“, etwa sprach- und kunst­af­fine Theo­rie­ele­mente, ver­blas­sen lassen. Die Rede vom „Huma­ni­ta­ris­mus“ und der glo­ba­len Moral­hy­per­tro­phie bedient die Denk­scha­blo­nen derer, die sich heute gegen „Poli­ti­cal Cor­rect­ness“ und „Gut­men­schen­tum“ stemmen.
Ein wei­te­rer Grund für die Anschluss­fä­hig­keit des Werkes Gehlens ist die Tat­sa­che, dass er seine theo­re­ti­schen Begriff­lich­kei­ten der All­tags­spra­che ent­lehnte und diese, refle­xiv auf­be­rei­tet, wieder in den All­tags­dis­kurs ein­ge­speist hat. Der Erfolg von Gehlens Publi­kums­schla­ger Die Seele im tech­ni­schen Zeit­al­ter (1957) ist zwei­fel­los darauf zurück­zu­füh­ren. Noch nicht so kul­tur­kri­tisch gestimmt wie in spä­te­ren Jahren, nordet Gehlen für ein breites Publi­kum darin ein, was seine Phi­lo­so­phi­sche Anthro­po­lo­gie aus­macht. Es ist kein Zufall, dass eben diese Begriff­lich­kei­ten heute – sozu­sa­gen abge­sun­ke­nes Kul­tur­gut – als Stich­wort­ge­ber für die Neue Rechte wieder viru­lent werden.

1. Neu­rech­ter Kotau

Im Jahr 2000 erschien in der Edition Antaios eine Mono­gra­fie über Arnold Gehlen mit dem Unter­ti­tel „Vor­den­ker eines neuen Rea­lis­mus“. (2) Sowohl sein Autor, Karl­heinz Weiß­mann, als auch der Antaios-Verlag, heute auf dem Rit­ter­gut Schnell­roda ansäs­sig, waren in der rechten Szene schon damals keine Unbe­kann­ten. Der His­to­ri­ker Weiß­mann schreibt seit vielen Jahren für die Wochen­zei­tung Junge Frei­heit, war mit Götz Kubit­schek, der den Antaios-Verlag führt, Mit­be­grün­der des rechten Thinktanks Insti­tut für Staats­po­li­tik und arbei­tete, bis sich die poli­ti­schen Wege der beiden Stich­wort­ge­ber der Neuen Rechten wieder ein Stück­weit trenn­ten (3), auch für Kubit­scheks Rechts­in­tel­lek­tu­el­len­zeit­schrift Sezes­sion.

Das schmale Bänd­chen, daran lässt der Autor keinen Zweifel, ist eine Hommage an Gehlen, „eine Art Dank für die zahl­rei­chen Anre­gun­gen“, die der Ver­fas­ser „von einem der bedeu­tends­ten Denker des 20. Jahr­hun­derts“ erhal­ten hat: „Dieses Buch hat affir­ma­ti­ven Cha­rak­ter.“ (4) Was aber macht das Werk des 1976 ver­stor­be­nen Phi­lo­so­phen und Sozio­lo­gen, der zusam­men mit Max Scheler und Helmuth Pless­ner zu den Begrün­dern der Phi­lo­so­phi­schen Anthro­po­lo­gie gehört, so attrak­tiv, dass er nicht nur die Bewun­de­rung Weiß­manns, sondern auch die vieler anderer rechter Lau­da­to­ren auf sich zieht?

Einer­seits hatte Chris­tian Graf von Krockow Gehlen einst mit dem Verdikt belegt, „in seinem Werk eine, nein, die faschis­ti­sche Theorie ent­wor­fen und voll­endet“ zu haben, „auf dem aller­höchs­ten Refle­xi­ons­ni­veau, das sie über­haupt zu errei­chen vermag“ (5), und der rechte Vor­den­ker Armin Mohler adelte ihn als „Meister“ des Kon­ser­va­tis­mus. Ande­rer­seits war Theodor W. Adorno (6), obwohl er Gehlens Beru­fung in Hei­del­berg hin­ter­trieb, seinem Kol­le­gen in den sech­zi­ger Jahren durch­aus freund­schaft­lich ver­bun­den (7), und Wolf­gang Harich pflegte aus der DDR heraus frucht­ba­ren Aus­tausch mit ihm. Worin also besteht die theo­re­ti­sche Unter­füt­te­rung dieses streit­ba­ren Denkers, dass sie in den Erwar­tungs­ho­ri­zont eines künf­ti­gen rechten Auf­stands ein­ge­baut werden kann?

2. Bio­gra­fi­scher Hintergrund

1904 als Sohn des Leip­zi­ger Ver­le­gers Max Gehlen und dessen Frau Mar­ga­rete geboren, gehörte Gehlen einer Gene­ra­tion an, die als Jugend­li­che und junge Erwach­sene in die Ver­wer­fun­gen durch den Ersten Welt­krieg und den demo­kra­ti­schen Umbruch in der Wei­ma­rer Repu­blik hin­ein­wuch­sen. Auch wenn der poli­ti­sche Wie­der­gän­ger Weiß­mann ihn gerne in den poli­ti­schen Umkreis der von Mohler kre­ierten „Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­tion“ ein­ge­mein­den würde, darf man sich Gehlen wohl eher als einen zunächst von einem Pri­vat­leh­rer erzo­ge­nen, begab­ten Kar­rie­ris­ten vor­stel­len, der am eli­te­träch­ti­gen Thomas-Gym­na­sium sein Abitur absol­vierte und inner­halb von vier Jahren das Phi­lo­so­phie­stu­dium mit der Pro­mo­tion in Leipzig abschloss. Unter seinen Lehrern war der Biologe und Phi­lo­soph Hans Driesch, Pazi­fist und Demo­krat, dem Gehlen seine Hin­wen­dung zu einer mate­ria­lis­tisch begrün­de­ten Auf­fas­sung des Men­schen verdankte.

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1933 wird für Gehlen zum Wendejahr.

Er tritt in die NSDAP ein, wird Assis­tent des NS-Sozio­lo­gen Hans Freyer und über­nimmt nach diver­sen Ver­tre­tun­gen den Lehr­stuhl von Hans Driesch, den die Natio­nal­so­zia­lis­ten aus dem Amt gedrängt hatten. Daneben ist Gehlen im Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Leh­rer­bund und im Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dozen­ten­bund tätig. Mit der Unter­zeich­nung des „Bekennt­nis­ses der Pro­fes­so­ren zum natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Staat“ und seiner Antritts­vor­le­sung Der Staat und die Phi­lo­so­phie (8) erle­digt er seinen Kotau vor dem NS-Régime. Belohnt wird er dafür mit dem Kant-Lehr­stuhl in Königs­berg (1938) und einer Pro­fes­sur in Wien (1940). In diese Zeit fällt die Kon­zep­tion seines Haupt­werks Der Mensch, das auch in den Theo­rie­be­stand der Wehr­machts­psy­cho­lo­gie auf­ge­nom­men wird. (9) Eine geplante „Phi­lo­so­phie des Natio­nal­so­zia­lis­mus“ beendet er nicht.

Auch nach dem Krieg ver­folgt Gehlen seine Kar­riere, wenn auch nicht ganz bruch­los, weiter. Nach der obli­ga­to­ri­schen Amts­ent­he­bung aller reichs­deut­schen Pro­fes­so­ren in Öster­reich ori­en­tiert er sich auf die Sozio­lo­gie und findet in der fran­zö­si­schen Besat­zungs­zone an der neu gegrün­de­ten Ver­wal­tungs­hoch­schule in Speyer Unter­schlupf. Später folgt ein Sozio­lo­gie-Lehr­stuhl an der RWTH Aachen. Bedeu­ten­dere Pro­fes­su­ren bleiben ihm vor­ent­hal­ten, weil er einigen seiner ein­fluss­rei­chen Kol­le­gen zu belas­tet erscheint; im Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren wird er als „Mit­läu­fer“ ein­ge­stuft. Tat­säch­lich finden sich in seinem Werk kei­ner­lei anti­se­mi­ti­sche Aus­fälle, nicht richtig aller­dings ist, wie Chris­tian Thies behaup­tet, dass ras­sis­ti­sche Anklänge in Gehlens Werk völlig fehlen. (10) Den größten Ein­fluss ent­fal­tet der scharfe Pole­mi­ker Gehlen in den sech­zi­ger Jahren in seiner kon­ser­va­tiv-kul­tur­pes­si­mis­tisch grun­dier­ten Geg­ner­schaft zur Stu­den­ten­be­we­gung, unter­stützt von seinem ehe­ma­li­gen Assis­ten­ten Hanno Kesting in Speyer, der 1969 Ordi­na­rius in Bochum wird.

3. Der Mensch, ein Zuchtwesen

Der Mensch, heißt es ein­lei­tend in Gehlens Haupt­werk Der Mensch. Seine Natur und seine Stel­lung in der Welt (11), sei „ein ganz ein­ma­li­ger, sonst nicht ver­such­ter Gesamt­ent­wurf der Natur“. (M, S. 13) Damit grenzt er sich expli­zit von allen anthro­po­lo­gi­schen Stu­fen­mo­del­len, ins­be­son­dere aber von Max Scheler ab, der dem Geist eine pri­vi­le­gierte, natur­ent­zo­gene Posi­tion zuweist und damit den seit Des­car­tes die Wis­sen­schaf­ten umtrei­ben­den Geist-Leib-Dua­lis­mus ver­län­gert. Von Scheler über­nimmt Gehlen aller­dings die Vor­stel­lung, dass der Mensch nicht „fest­ge­rückt“ sei wie ein Tier (Nietz­sche), sondern seiner Umwelt welt­of­fen (12) begegne. Zwar handele es sich um ein „schutz­lo­ses, bedürf­ti­ges“ und expo­nier­tes Wesen“ (M, S. 14f) mit hohen Exis­tenz­ri­si­ken, doch dieses Män­gel­we­sen sei durch seine Plas­ti­zi­tät (13) und seine spe­zi­fi­schen Anlagen und Gaben in der Lage, diese Defi­zite aus­zu­glei­chen, durch refle­xive Hand­lung„(E)r verhält sich zu sich selbst, lebens­not­wen­dig, wie dies kein Tier tut; er lebt nicht, (...), er führt sein Leben“ (M, S. 12), „er macht sich zu etwas“, „nimmt zu sich Stel­lung“ (M, S. 30). Die Art, wie er sein Leben führt, ist sozial ver­mit­telt und kommunikativ.

Hatte Helmuth Pless­ner den Men­schen als „von Natur aus künst­lich“ gekenn­zeich­net, folgt ihm Gehlen in der Bestim­mung als instinkt­re­du­zier­tes „Kul­tur­we­sen“, dessen Grund­be­stim­mung es ist zu handeln, um zu überleben.

Die Welt, in der der Mensch lebt, ist eine zweite Natur, die er sich schafft – aber in dieser Leis­tung wird er not­wen­dig sein eigenes Thema und er ist so beschaf­fen, dass er immer­fort an sich selbst Auf­ga­ben findet, deren Lösung zugleich ein Fort­schritt in der Welt ist.“ (M, S. 412)

Gehlens Hand­lungs­be­griff ist akti­vis­tisch, was ihn für die rechte „Tat“-Rhetorik instru­men­ta­li­sier­bar macht; gleich­zei­tig ist er aber auch auf mensch­li­che Selbst­tä­tig­keit und Selbst­ver­wirk­li­chung aus­ge­rich­tet, das dürfte auch mar­xis­ti­sche Denker wie Wolf­gang Harich auf Gehlens Theorie auf­merk­sam gemacht haben. Der „Pro­me­theus“ jeden­falls, dieses „vor­her­se­hende und tätige Wesen“ (M, S. 58), wird in neu­rech­ten Gazet­ten gerne aufgerufen.

In seiner Umwelt ist dieser orga­nisch unspe­zia­li­sierte und welt­of­fene Mensch, so Gehlen weiter, indes­sen einer immensen Reiz­über­flu­tung aus­ge­setzt, die er bewäl­ti­gen muss. Der ständig auf ihm las­tende Ent­schei­dungs­druck, gepaart mit dem mensch­li­chen Antriebs­über­schuss beför­dert zwar eine hohe, sprach­lich und sym­bo­lisch ver­mit­telte, phan­ta­sie­rende und pla­nende Pro­duk­ti­vi­tät, führt aber auch zu per­ma­nen­ter Über­las­tung. In seiner spä­te­ren Intel­lek­tu­el­len­kri­tik („Mund­werks­bur­schen“ nennt er die Intel­lek­tu­el­len) wird Gehlen das den „chro­ni­schen Alarm­zu­stand“ nennen (A+S, S. 193). (14)

Deshalb bedarf es der Ent­las­tung, eine der zen­tra­len Denk­fi­gu­ren in Gehlens Werk. Abge­se­hen von der Sprache und ihrer Abs­trak­ti­ons­fä­hig­keit, durch die der Mensch in Distanz zu einer kon­kre­ten Situa­tion tritt (15), ent­bin­den ihn kleine und große Ent­las­tungs­in­stan­zen von der Zumu­tung, auf alle Reize ori­gi­när oder selbst­tä­tig reagie­ren zu müssen: Gewohn­hei­ten, Rituale und Kulte („magi­sche Tech­ni­ken“), aber auch Insti­tu­tio­nen wie Reli­gion, Ehe und Familie, die Technik und sogar die Kunst. Vor­aus­set­zung ist, dass die Triebe so umge­baut werden, dass die Bedürf­nisse nicht mehr nach unmit­tel­ba­rer Erfül­lung streben, sondern gehemmt und auf­ge­scho­ben werden können, also „abhäng­bar von den Antrie­ben“ sind (M, S. 396). Dadurch ent­steht ein Hiatus, ein Leer­raum zwi­schen den Bedürf­nis­sen und ihrer Befrie­di­gung, in dem die Hand­lung und das sach­ge­mäße Denken Raum findet (vgl. M 395). Die Umfor­mung von Antrie­ben in „Dau­er­inter­es­sen“, aske­ti­sche, „sehr künst­lich gezüch­tete Ver­zichts­akte“ (M, S. 29) selbst müssen dem Men­schen zum Bedürf­nis werden.

Die von Gehlen dekre­tierte „Zucht­be­dürf­tig­keit“ des Men­schen (M, S. 64) gehört zu den kom­pro­mit­tie­ren­den Teilen seines Haupt­wer­kes, und er hat diese Ter­mi­no­lo­gie auch in der 1950 neu bear­bei­te­ten und um die beiden Kapitel „Erb­lich­keit und Wesens­art“ und „Oberste Füh­rungs­sys­teme“ gekürz­ten Fassung nicht getilgt (16). „Das Aus­krystal­li­sie­ren der Antriebe (...) ist ihr Sich­faß­lich­wer­den, ihre Ent­ste­hung zu wirk­li­chen Kräften des Innern; damit werden sie zugleich der Stel­lung­nahme aus­ge­setzt und Mate­rial der Zucht, der Erzie­hung und Selbst­zucht.“ (M, S. 408) Und unmiss­ver­ständ­lich an anderer Stelle: „(D)er Mensch (ist) ein Zucht­we­sen“, seine Physis, auch als Geschlechts­we­sen, wird ihm „zur Aufgabe“ (vgl. M, S. 428f).

4. Insti­tu­tio­nen: Garan­tin­nen der Stabilität

Die in der Vor­stel­lung des „Män­gel­we­sens Mensch“ auf­schei­nende nega­tive Anthro­po­lo­gie Arnold Gehlens mündet in der Fassung von 1940 also nicht von unge­fähr in den von Alfred Rosen­berg ent­lehn­ten „Zucht­bil­dern“. Selbst wenn man den zeit­ge­nös­si­schen Kontext berück­sich­tigt und den Begriff heute viel­leicht eher mit „(Selbst-)Erziehung“ über­set­zen würde, ist das auto­ri­täre Moment unüber­seh­bar. Gehlen geht es um einen hand­lungs­lei­ten­den Füh­rungs­im­pe­ra­tiv. Ein (selbst)bewusster Wille ist in dieser „Kultur der Zucht“ nicht mehr vor­ge­se­hen, eher über­nimmt das Wollen die Führung: „(D)er Mensch ist wesent­lich wollend.“ (M, S. 431) Er muss sich „in Führung nehmen“, die Leis­tung ihm „Motiv“ werden. „Sie (die eigent­li­che Wil­lens­kraft) ist durch­aus Resul­tat der Zucht, der Herr­schafts­ge­schichte der Leis­tun­gen und Antriebe des Men­schen. Sie setzt voraus, daß bestimmte Dau­er­inter­es­sen aus­ge­bil­det worden und Bedürf­nis gewor­den sind, daß die völlige Kon­zen­tra­tion des Bewußt­seins auf die bestehen­den Auf­ga­ben gelun­gen ist, und daß eine stetige Dis­zi­plin der Tat in ein­deu­ti­gen Tätig­kei­ten zustande gekom­men ist.“ (M, S. 433).

Dieses Anpas­sungs­pro­gramm, die „Ordnung des ‚Fest­ge­stell­ten‘“, wie Gehlen Nietz­sche zitiert, hat ord­nungs­po­li­ti­schen Cha­rak­ter, ist gleich­zei­tig aber auch Aus­druck der in Gewohn­hei­ten, Ritua­len und Ein­stel­lun­gen domes­ti­zier­ten Triebe, in denen sich wie­derum der Cha­rak­ter des Men­schen aus­weist. „Wenn diese Anpas­sungs­vor­gänge in ihm am inten­sivs­ten arbei­ten, dann erreicht seine Männ­lich­keit ihren höchs­ten Grad“, zitiert der Sozio­loge den fran­zö­si­schen Phy­sio­lo­gen Alexis Carrel in selbst­ver­ständ­li­cher Gleich­set­zung von Mensch und Mann. (M, S. 440)

Es handelt sich um eine „ein­ver­leibte Ordnung von Hal­tungs- und Füh­rungs­re­geln, von ange­eig­ne­ten, (...) fast bewusst­los gewor­de­nen ‚Instink­ten‘“, die sich „aus den Antrie­ben aus­krystal­li­sie­ren und, in Hand­lun­gen der Welt aus­ge­setzt, an ihr aus­ge­le­sen“ werden.
(M, S. 44)

Anhand solcher Anlei­tun­gen lassen sich nicht nur unglei­che soziale Arbeits­tei­lun­gen legi­ti­mie­ren – jeder kleinste Bau­stein sei noch „eine Tat der sach­lich-dis­zi­pli­nier­ten Arbeit“, heißt es an einer Stelle, weshalb „jedes Atten­tat auf die Grund­la­gen dieses Systems ver­hin­dert werden muss“ (M, S. 397), sondern liefern auch die Ver­satz­stü­cke heu­ti­ger Selbst­op­ti­mie­rungs­kon­zepte. Gehlens Theorie hatte wesent­li­chen Ein­fluss auf die auf­stre­bende Sozio­lo­gie der frühen Bun­des­re­pu­blik, ins­be­son­dere auf den selbst in den Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­strick­ten Helmut Schelsky, auch wenn dieser mit seiner Vor­stel­lung vom kon­ti­nu­ier­li­chen „sta­bi­len Insti­tu­tio­nen­wan­del“ in Kon­flikt mit seinem ehe­ma­li­gen Lehrer geriet, was später zum Bruch führte.

Arnold Gehlen hat die in Der Mensch ange­legte Insti­tu­tio­nen­lehre in Urmensch und Spät­kul­tur (1956) wei­ter­ent­wi­ckelt. Sein dort sehr weiter Insti­tu­tio­nen­be­griff umfasst fast alle sach­li­chen und sym­bo­li­schen Arte­fakte, von Kult und Reli­gion über die Ehe bis hin zur Technik als „Organ­er­satz“. Insti­tu­tio­nen, ist er über­zeugt, seien für den bedürf­ti­gen Men­schen unab­ding­bar, um zu über­le­ben und damit grund­le­gen­der Sta­bi­li­sa­tor mensch­li­chen Daseins und Garant der Frei­heit, wenn auch um den Preis der Entfremdung.

Inbe­griff der Insti­tu­tion ist für ihn der Staat,

... weil der Staat zu den­je­ni­gen Wirk­lich­kei­ten gehört, die im Vor­han­den­sein, im Tat­säch­li­chen, Greif­ba­ren nicht auf­ge­hen, sondern die das Ideelle ent­hal­ten, das objek­tive Geis­tige und nur durch seine Kon­kre­tion Begreif­bare“ (17) ,

bekennt er in seiner Antritts­rede 1933 für den Lehr­stuhl in Leipzig. Den Natio­nal­so­zia­lis­ten schlägt er vor, Staat und Phi­lo­so­phie in ein frucht­ba­res Ver­hält­nis zu bringen.

Doch in der Moderne, so Gehlens Mantra seit den sech­zi­ger Jahren, seien die Insti­tu­tio­nen von Zerfall bedroht, aus­ge­höhlt vom Wer­te­ver­lust und zer­rie­ben zwi­schen den „Super­struk­tu­ren“ der Welt­ge­sell­schaft (A+S, S. 156). Sie hätten die ihnen jeweils inhä­rente Ethik, etwa die des Mili­tärs, auf­ge­ge­ben zuguns­ten nicht-ent­las­ten­der Ord­nungs­kräfte. In kri­ti­schen Kul­tur­epo­chen wie dem Spät­ka­pi­ta­lis­mus – Epochen der gesell­schaft­li­chen Kris­tal­li­sa­tion, wie es Gehlen nennt –, bil­de­ten sich wer­t­ent­leerte, zweck­hafte Anpas­sungs­pro­file und Ver­hal­tens­wei­sen aus, „Schnitt­punkt­exis­ten­zen“ und „Funk­ti­ons­trä­ger“ (A+S, S. 250) über­neh­men das Regiment.

Dabei ist Gehlen über­zeugt, dass diese Ent­wick­lung nicht umkehr­bar ist und die Aufgabe der Kul­tur­kri­tik nicht im „Tra­di­ti­ons­pro­test“ besteht (A+S, S. 234). Doch in schar­fer Kon­fron­ta­tion mit der Stu­den­ten­be­we­gung und in Ableh­nung aller Demo­kra­ti­sie­rungs­be­stre­bun­gen geißelt Gehlen die gesin­nungs­ethi­sche „Moral­hy­per­tro­phie“ und den „Huma­ni­ta­ris­mus“, jene „über­dehnte Haus­mo­ral“, wie er in Moral und Hyper­mo­ral (1969) (18) schreibt, die die staat­li­che Ordnung unter­mi­niere. (M+HM, S. 92) Die „zur ethi­schen Pflicht gemachte unter­schieds­lose Men­schen­liebe“ (M+HM, S. 79), die das „fami­liale Ethos in die großen ratio­na­len Geschäfte“ über­trägt, lehnte er als ver­ant­wor­tungs­lose Gefühls­du­se­lei ab. In dieser Kampf­schrift ist auch von der „Ideo­lo­gie vom guten Men­schen“ die Rede, inkar­niert in der Figur des krit­teln­den Intel­lek­tu­el­len: Vorlage für den heutig abfäl­lig gebrauch­ten Begriffs des „Gut­men­schen“.

Mit den hier ange­deu­te­ten kul­tur­kri­ti­schen Bestands­auf­nah­men und der anthro­po­lo­gisch inspi­rier­ten, aber poli­tisch gedach­ten kon­ser­va­ti­ven Ord­nungs­po­li­tik fand Arnold Gehlen in der Nach­kriegs­zeit als gefrag­ter Redner und Essay­ist und als Beirat in unter­neh­mer­na­hen Stif­tun­gen breite Reso­nanz. Und er hatte weg­wei­sende Adepten aus der jün­ge­ren Gene­ra­tion, allen voran Armin Mohler. Dieser widmete den ersten Leit­ar­ti­kel in Criticón, einem 1970 gegrün­de­ten, frühen Umschlag­platz für rechte Publi­zis­tik, Gehlens Moral und Hyper­mo­ral und nahm ihn zum Anlass, gegen die „Ver­wa­schen­heit“ linker Rhe­to­rik zu pole­mi­sie­ren. „Die Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen in Staat und Gesell­schaft“, heißt es dort, „nehmen so über­hand, dass die Gegen­wehr orga­ni­siert werden muss – und zwar vor allem auch geistig.“ (19)

5. Rechte Rezeption:
Anti-Rous­seau für die „Geg­ner­be­kämp­fung“

In dieser Form der „geis­ti­gen Gegen­wehr“ nehmen auch Mohlers ideo­lo­gi­sche Nach­fah­ren die „Weg­marke“ Gehlen (Mohler) in Besitz. Wenig ver­wun­der­lich ist es Karl­heinz Weiß­mann, der seine dünne Gehlen-Hommage ab 2004 im rechten Publi­zis­tik­la­ger einem geneig­ten Publi­kum andient. Unter dem Stich­wort „Die heroi­sche Exis­tenz des Geis­ti­gen“ legt er im Januar 2004 der Leser­schaft der Jungen Frei­heitdie Wie­der­ent­de­ckung Gehlens ans Herz, in einem Gast­bei­trag für dieSezes­sionfährt er Gehlen (ein­füh­rend sogar mit dem Sys­tem­theo­re­ti­ker Niklas Luhmann) auf, um ihn als Gegner eines nun glo­ba­len „Huma­ni­ta­ris­mus“ in Stel­lung zu bringen. (20) Das Buch der Wahl ist Moral und Hyper­mo­ral, auf das in der Fol­ge­zeit auch andere Autoren Bezug nehmen, wobei Weiß­mann zumin­dest in der Jungen Frei­heit gleich eine umfas­sende Ein­füh­rung in Gehlens Werk mit­lie­fert. Das Leben des Sozio­lo­gen ist dem Autor Beleg dafür, dass es auch eine „‚heroi­sche‘ Exis­tenz im Geis­ti­gen geben kann.“ Die Sezes­sion wie­derum nutzt Weiß­mann bis 2011 als Platt­form, um Rest­be­stände seiner Gehlen-Mono­gra­fie aufzubereiten.

Auch Götz Kubit­schek zele­briert im ent­spre­chen­den Schwer­punkt­heft derSezes­sion sein Gehlen-Erleb­nis: „Es ist erhe­bend, seine Gedan­ken zu begrei­fen.“ Mit Gehlen, hebt er seinen neuen Gewährs­mann aufs Schild, habe die poli­ti­sche Rechte „jenen Anti-Rous­seau, den sie für ihre Geg­ner­be­kämp­fung eigent­lich so drin­gend benö­tigt.“ Er rühmt die Insti­tu­tio­nen­lehre Gehlens, die dem Men­schen abspre­che „in jeder Situa­tion ‚sach­ge­recht‘ zu handeln“ und deshalb eine „‚Außen­sta­bil­sie­rung‘ im Sinne der insti­tu­tio­nel­len Orga­ni­sa­tio­nen“ erfah­ren müsse. „Was hier auf­ge­wor­fen wird, sind die Fragen der Grenzen der Frei­heit des Ein­zel­nen vor den Ansprü­chen des Ganzen, nach Erzie­hungs­mo­del­len, Hier­ar­chien, Ver­bo­ten, nach der Dis­zi­pli­nar­macht und der Gefahr der Erstarrung.“

Den Insti­tu­tio­nen aller­dings wohne bereits die Tendenz zu ihrem Verfall inne, weshalb eine rein kon­ser­va­tive Kul­tur­kri­tik ins Leere gehe. Und Kubit­schek zitiert den immer wieder auf­ge­ru­fe­nen Passus aus Moral und Hyper­mo­ral über den Staat:

Seit der Antike bezeich­net das Wort ein Gebilde, dessen Sinn letzten Endes nur als ratio­nal orga­ni­sierte Selbst­er­hal­tung eines geschicht­lich irgend­wie zusam­men­ge­kom­me­nen Zusam­men­hangs von Ter­ri­to­rium und Bevöl­ke­rung bestimmt werden kann. Es ist die bedeu­tendste geschicht­li­che Leis­tung einer Nation, sich über­haupt als eine so ver­faßte geschicht­li­che Einheit zu halten, und den Deut­schen ist es nicht geglückt.“ (M+HM, S. 103)

Damit sind die Mar­kie­rungs­punkte gesteckt, an denen entlang sich die künf­tige rechte Gehlen-Rezep­tion ent­lang­han­gelt: Anti-libe­ra­ler Affekt, Anti-Indi­vi­dua­lis­mus, auto­ri­tär-dis­zi­pli­nie­rende Außen­lei­tung, Leis­tungs­ethos und das Primat der Nation unter Ableh­nung aller „Super­struk­tu­ren“. Gefei­ert wird Gehlen aber auch als Theo­re­ti­ker der „Kälte“, dessen Blick unbe­stech­lich die „Wär­me­stu­ben des Libe­ra­lis­mus“ samt ihrer „Moral­hy­per­tro­phie“ ent­larvt. Ab 2010 ist Gehlen im rechten Diskurs offen­bar so weit ver­an­kert, dass er nunmehr als publi­zis­ti­scher Stich­wort­ge­ber in Dienst genom­men werden kann, gleich­gül­tig ob es um die Zukunft Deutsch­lands, Ein­wan­de­rungs­po­li­tik, das Militär oder sogar Gen­der­fra­gen und „Kopf­tuch­mäd­chen“ (21) geht.

Zusam­men mit dem öster­rei­chi­schen Iden­ti­tä­ren Martin Licht­mesz und mit Erik Lehnert, Geschäfts­füh­rer des Insti­tuts für Staats­po­li­tik, puzzelt sich diese recht elitär und ela­bo­riert auf­tre­tende Gehlen-Gemeinde einen Theo­rie­bau­kas­ten zusam­men, der sie einer­seits anschluss­fä­hig macht an die Main­stream-Dis­kurse (22), mittels eklek­ti­zis­ti­scher Les­ar­ten gleich­zei­tig aber auch das libe­rale Lager pro­vo­ziert. Mit der Auf­nahme Arnold Gehlens in das von Lehnert und Weiß­mann her­aus­ge­ge­bene „Staats­po­li­ti­sche Hand­buch“ (Bd. 3, Vor­den­ker) hieven die neu­rech­ten Ideo­lo­gen den kon­ser­va­ti­ven Denker end­gül­tig in ihren Olymp. Der Infor­ma­ti­ons­brief der Biblio­thek des Kon­ser­va­tis­mus widmete Gehlen 2017 ein aus­führ­li­ches Porträt mit dem zustim­men­den Hinweis auf Herbert Schnä­del­bach, „der seinen linken Mit­strei­tern ins Stamm­buch schrieb, man solle immer beden­ken, dass Gehlen recht gehabt haben könnte.“ (23)

Auch ein­zelne Ver­tre­ter der AfD ent­de­cken Arnold Gehlen für sich. Marc Jongen, Phi­lo­soph und ehe­ma­li­ger Assis­tent von Peter Slo­ter­dijk in Karls­ruhe und seit 2017 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter der AfD, bringt Gehlen ins Spiel wenn er gegen das „68er ver­seuchte Deutsch­land“ (24) inter­ve­niert, die Asyl- und Aus­län­der­po­li­tik der Merkel-Regie­rung geißelt und Gehlens „Extre­mis­mus der Ordnung“ (Rehberg) als Waffe gegen die gesell­schaft­li­che Desta­bi­li­sie­rung gezückt sehen will. (25) Es darf aller­dings bezwei­felt werden, dass ein Fana­ti­ker der Ordnung, wie es Arnold Gehlen tat­säch­lich war, sich gerne hätte von Leuten ein­ver­lei­ben lassen, die selbst nichts anderes im Sinn haben als zu desta­bi­li­sie­ren, gleich­gül­tig, ob er mit dem libe­ra­len Grund­kon­sens der bestehen­den Ordnung ein­ver­stan­den war.

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  1. Vgl. Andreas Höntsch: „Die insti­tu­tio­nelle Bestimmt­heit sozia­ler Systeme – Niklas Luh­manns Sys­tem­theo­rie und die Sozio­lo­gie der Leip­zi­ger Schule“, Berlin 2018.
  2. Karl­heinz Weiß­mann: „Arnold Gehlen – Vor­den­ker eines neuen Rea­lis­mus“, Bad Vilbel 2000. Seit Sep­tem­ber 2017 gibt Weiß­mann die von der „För­der­stif­tung kon­ser­va­tive Bildung und For­schung“ finan­zierte Zeit­schrift „Cato – Magazin für neue Sach­lich­keit“ heraus.
  3. Vgl. hierzu Volker Weiß: „Die auto­ri­täre Revolte– Die Neue Rechte und der Unter­gang des Abend­lan­des“, Stutt­gart 2007, S. 16ff.
  4. Karl­heinz Weiß­mann: „Arnold Gehlen – Vor­den­ker eines neuen Rea­lis­mus“, Bad Vilbel 2000, S. 7.
  5. Chris­tian Graf von Krockow: „Die Deut­schen in ihrem Jahr­hun­dert“, Reinbek 1990, S. 362.
  6. Theodor W. Adorno: „Arnold Gehlen: Drei Rund­funk­ge­sprä­che“, in: Theodor W. Adorno: „Kultur und Ver­wal­tung – Vor­träge und Gesprä­che“, Pro­duk­tio­nen des Süd­west­rund­funks (6 CDs), München 2008.
  7. So behaup­tet jeden­falls der in der Bun­des­re­pu­blik wirksam wer­dende Gehlen-Assis­tent Helmut Schelsky, in: Helmut Schelsky: „Rück­bli­cke eines ‚Anti-Sozio­lo­gen‘’’, Opladen 1981.
  8. Der Staat und die Phi­lo­so­phie in: Arnold Gehlen: „Phi­lo­so­phi­sche Schrif­ten 2“, hg. von Lothar Samson, Frank­furt 1980.
  9. Zum Wer­de­gang und Wirken Gehlens im Natio­nal­so­zia­lis­mus aus­führ­lich Gerwin Klinger: „Die Moder­ni­sie­rung des NS-Staates aus dem Geist der Anthro­po­lo­gie – Die Kon­zepte „Zucht“ und „Leis­tung“ bei Arnold Gehlen“. In: Wolf­gang Bialas/​Manfred Gangl: „Intel­lek­tu­elle im Natio­nal­so­zia­lis­mus“, Frank­furt u. a. 2000, S. 299–324.
  10. Chris­tian Thies: „Arnold Gehlen zur Ein­füh­rung“, Hamburg 2000, S. 16. Dies gilt ins­be­son­dere für die nach dem Krieg getilg­ten Kapitel aus „Der Mensch“, Spuren lassen sich aber auch in der heute kur­sie­ren­den Fassung nachweisen.
  11. Arnold Gehlen: „Der Mensch – Seine Natur und seine Stel­lung in der Welt“, in: Arnold Gehlen: „Gesamt­aus­gabe“, hg. von Karl-Sieg­bert Rehberg, Teil­band 3.1, Frank­furt 1993. Die Zitate folgen dieser Ausgabe letzter Hand von 1962, die sich inhalt­lich im Wesent­li­chen mit der stark bear­bei­te­ten Ausgabe von 1950 deckt. Im Fol­gen­den zitiert als „M“.
  12. Alle für Gehlen wesent­li­chen Begriffe im Fol­gen­den kursiv.
  13. Der Begriff ist bei Gehlen zentral und bedeu­tet in einem sehr weit bestimm­ten Sinn die Ent­wick­lungs­fä­hig­keit und Form­bar­keit der mensch­li­chen Antriebe.
  14. Arnold Gehlen: „Anthro­po­lo­gi­sche und sozi­al­psy­cho­lo­gi­sche Studien“. Reinbek 1986, darin der Teil „Sozi­al­psy­cho­lo­gie“ (iden­tisch mit: „Die Seele im tech­ni­schen Zeit­al­ter“); im Fol­gen­den zitiert als „A+S“.
  15. Anknüp­fend an Johann Gott­fried Herder räumt Gehlen der „Sprach­mä­ßig­keit des mensch­li­chen Leis­tungs­auf­baus“ und der Phan­ta­sie in Der Mensch breiten Raum ein, der Phi­lo­soph Nicolai Hart­mann hielt dies sogar für das „Zen­tral­stück des ganzen Werkes“. Gehlens Theorie der Sprache, so Gehlen-Her­aus­ge­ber Rehberg, sei bis heute nicht genü­gend aus­ge­wer­tet worden. Für den hier ver­han­del­ten neu­rech­ten Diskurs spielt dieser Teil jedoch eine zu ver­nach­läs­si­gende Rolle.
  16. Vgl. GA 2, S. 695–743;
  17. Der Staat und die Phi­lo­so­phie in: „Arnold Gehlen: Phi­lo­so­phi­sche Schrif­ten 2“, hg. von Lothar Samson, Frank­furt 1980, S. 301.
  18. Arnold Gehlen: „Moral und Hyper­mo­ral – Eine plu­ra­lis­ti­sche Ethik“, Frank­furt 1969. Im Fol­gen­den zitiert als „M+HM“.
  19. zitiert nach: Moritz Neuffer/​Morten Paul: „Rechte Hefte – Zeit­schrif­ten der alten und Neuen Rechten nach 1945“. Euro­zine 7, Novem­ber 2018, https://www.eurozine.com/rechte-hefte/, abge­ru­fen am 15. 8. 2019.
  20. Vgl. Junge Frei­heit vom 30. 1. 2004, Sezes­sion 4/​2004, flan­kiert wird der Beitrag in der Sezes­sion von einem durch­aus infor­ma­ti­ven Gast­bei­trag von Rein­hard Pitsch, der die „Tragik Gehlens und der Mar­xis­ten“ in den Blick nimmt.
  21. In diesem Zusam­men­hang kommen auch Frauen zu Wort, Sophie Lieb­nitz etwa und die Akti­vis­tin der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, Caro­line Som­mer­feld-Lethen, die mit ihrem zusam­men mit Martin Licht­mesz ver­fass­ten Buch „Mit Linken leben“ 2017 für publi­zis­ti­schen Aufruhr sorgte.
  22. Ein pro­mi­nen­tes Bei­spiel dafür ist der in der Sezes­sion ver­öf­fent­lichte Brief­wech­sel zwi­schen Claus Leg­ge­wie und Götz Kubit­schek 2016, in dem es am Rande auch um Gehlen geht.
  23. Agenda – Infor­ma­ti­ons­brief der Biblio­thek des Kon­ser­va­tis­mus 6/​2017“, S. 2f.
  24. Vgl. „Man macht sich zum Knecht“, Inter­view mit Marc Jongen in: Die Zeit vom 25. 5. 2016
  25. Vgl. Klaus-Peter Hufer: „Neue Rechte, altes Denken – Ideo­lo­gie, Kern­be­griffe und Vor­den­ker“, Wein­heim 2018, S. 85f.

Die Autorin:

Ulrike Bau­reit­hel M.A. stu­dierte Lite­ra­tur­wis­sen­schaft, Geschichte und Sozio­lo­gie und hat zahl­rei­che Auf­sätze zur Lite­ra­tur und Geschichte der Wei­ma­rer Repu­blik ver­öf­fent­licht. Sie war 1990 Mit­grün­de­rin der Wochen­zei­tung „Freitag“ und arbei­tet heute als freie Jour­na­lis­tin, Fach­lek­to­rin und Lehr­be­auf­tragte an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Berlin.


Ver­öf­fent­licht: 26. Sep­tem­ber 2019

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